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Beim Dehner-Verdi-Infoblog arbeiten Gewerkschaftsmitglieder und KollegInnen aus unterschiedlichen Bereichen und Märkten mit. Mit unseren Beiträgen wollen wir für mehr Information im Unternehmen sorgen und allen KollegInnen eine Plattform zum Austausch geben.

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Amazon in Graben - wie werden die Mitarbeiter dort behandelt ?

Wie geht es den Mitarbeitern von Amazon in Graben ?

Die Gewerkschaft ver.di hat die Mitarbeiter von Amazon in Graben zur Teilnahme an einer Wahlversammlung am 19.11.12 zur Wahl eines Wahlvorstandes eingeladen.
Diese Wahl ist erfolgt und der Wahlvorstand wird nun die Betriebsratswahlen unverzüglich einleiten.
Das ist ein großer Erfolg für ver.di und die Mitarbeiter von Amazon in Graben.

Wir nehmen das zum Anlass, die Situation in Graben zu beleuchten.

Seit dem 1. September 2011 liefert Amazon auch aus dem Logistikzentrum in Graben (Landkreis Augsburg).
Rasant war die Bauzeit, rasant war die Steigerung der Mitarbeiterzahlen, es gab große Erwartungen an den neuen Arbeitgeber in der Region (Auf dem Lechfeld entstehen 1000 neue Arbeitsplätze (24.3.2011)).

1000 langfristige und 2000 Saisonarbeitsplätze sollten entstehen (Amazon verschickt erstes Päckchen vom Lechfeld aus (2.9.2011)).

Kaum war der Betrieb knapp 3 Monate am Laufen, gab es die ersten Probleme und Vorwürfe.
Amazon ließ sich einen Großteil der Arbeitnehmer von der Agentur für Arbeit in Augsburg vermitteln.
800 von 1900 vermittelten Personen wurden vom Arbeitsamt gefördert, d.h. die ersten ein bis zwei Wochen musste Amazon keinen Lohn zahlen, sondern sie bekamen Arbeitslosengeld.

Eine an sich sehr sinnvolle Maßnahme, die allerdings nur nötig wäre, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer sonst nicht einstellen würde.
Angesichts der hohen Zahl einzustellender Arbeitnehmer hätte Amazon wohl die meisten auch ohne Zuschuss vom Arbeitsamt engagiert.
Da hätte die Arbeitsagentur ruhig etwas pokern können.

In NRW versuchte übrigens Amazon, diese Förderung für dieselben Personen ein Jahr später noch einmal zu ergattern.
So kann man das Weihnachtsgeschäft fremd finanzieren (Vorwürfe gegen Amazon - und was dran ist (26.11.2011)).

Zwei Tage später waren wir schon bei 1300 von 2250 Beschäftigten, für die die Allgemeinheit die ersten 1-2 Wochen bei Amazon bezahlte.
Das ist auch nicht sehr erfreulich für die Konkurrenz, die ihre Mitarbeiter von Anfang an selbst entlohnen muss.
Die notwendige Einarbeitungszeit der Mitarbeiter wird eher niedrig geschätzt, auch ist es selbstverständlich, dass ein Unternehmen seine neuen Mitarbeiter einarbeiten muss, das gehört dazu und muss nicht von der Arbeitsagentur finanziert werden, sondern vom einstellenden Unternehmen (Arbeitsagentur zahlt für Amazon-Aushilfen (28.11.2011)).

Wieder einen Monat später gab es Beschwerden über systematischen Verzug bei den Lohnzahlungen für Saisonkräfte.
Wer seinen Lohn punktgenau am Letzten des Monats oder später bekommt, weiß, wie die Unternehmen um jeden Cent Zinsgewinn kämpfen, während der Arbeitnehmer mit einem ganzen Monat Arbeit in Vorleistung geht (Amazon in Graben: Mitarbeiter warten auf ihr Gehalt (18.12.2011)).

Amazon produzierte auch gute Schlagzeilen - mehr Menschen als erwartet hatten Arbeit gefunden.
Thomas Gürlebeck von Verdi bemängelte, dass nicht alle von der Arbeitsagentur geförderten Langzeitarbeitslosen übernommen wurden.
Die Arbeitsbedingungen seien in vielen Punkten verbesserungswürdig und es soll noch 2012 ein Betriebsrat geschaffen werden (Amazon wächst schneller als erwartet (13.1.2012)).

Die dringende Notwendigkeit eines Betriebsrates erschließt sich aus Berichten über menschenunwürdige Behandlung der Mitarbeiter.
Es wird massiver Leistungsdruck ausgeübt, Mitarbeiter bekommen stündlich Nachrichten auf ihre tragbaren Computer, sie sollten schneller arbeiten.

Aus Bad Hersfeld wird berichtet, dass Kollegen ständig gesagt würde, sie würden unter dem Abteilungsdurchschnitt liegen.
Ein Durchschnitt hat es so an sich, dass immer jemand darüber und jemand darunter liegt.

Vollkommen unvorstellbar sind auch die weiteren Maßnahmen in Graben:
Wer redet, bekommt die gelbe Karte, nach 2-3 Ermahnungen folgt die rote Karte und die Drohung, das in die Personalakte aufzunehmen.
Wer zuviel Wasser trinkt oder zur Toilette geht, wird gerügt.
Fast täglich kippen Leute um und der Notarzt kommt.

30-40 km am Tag müssen manche Mitarbeiter laufen, das ist immerhin Marathondistanz, und das jeden Tag.
Die Mitarbeiter stehen unter dem Generalverdacht des Diebstahls und müssen auf dem Weg ins Lager und auf dem Weg in die Pause Metalldetektoren passieren.
Es gibt lange Schlangen, so dass von 35 Minuten Pause 15 Minuten für die Schleuse draufgehen.

Zitate: "Es traut sich doch keiner was zu sagen. Hier hat jeder Angst um seinen Arbeitsplatz." (Mitarbeiter).
"Amazon nutzt alle legalen Mittel aus - bis zum äußersten Rand" (Erwin Helmer, Leiter der Betriebsseelsorge).
(Druck und Überwachung: Mitarbeiter kritisieren Arbeitsbedingungen (12.7.2012)).

Wie das in Graben weitergehen könnte, kann man im Amazon-Verdi-Blog nachlesen.

Hier schildern Kollegen die Situation in Bad Hersfeld.
Offensichtlich zahlt Amazon nicht nach Tarif, so dass die Mitarbeiter in allen Bereichen benachteiligt sind.
Es gibt geringeren Lohn, weniger Urlaub, kein Urlaub- und Weihnachtsgeld, weniger Zuschläge und keine vermögensbildenden Leistungen.
Die Mitarbeiter haben seit 2006 auf eine Lohnerhöhung gewartet.

Inzwischen scheint es 2011 eine gegeben zu haben, danach betrug der Reallohnverlust seit 2006 immer noch 4 bis 7 Prozent.
2100 der 3700 Kollegen in Bad Hersfeld haben befristete Verträge.
Der Durchlauf (s.o.) ist enorm und Amazon sucht in einem immer größeren Radius nach Arbeitskräften, die noch nicht für das Unternehmen gearbeitet haben...

Im Amazon-Verdi-Blog nachzulesen:
Hintergründe
Ziele

Sehr eindrucksvoll ist der Vergleich Tariflohn und Amazon-Lohn.

Fazit:

Amazon in Graben braucht dringend einen Betriebsrat und eine starke gewerkschaftliche Organisation !
Danke an die Redaktion vom Weltbild-Blog für diesen guten Beitrag.

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